Lübeck, 25.5.2023

Neubau in Lübeck

 Thomas Klempau, DMB Mieterverein Lübeck

Das Statistikamt Nord meldet, dass im Jahr 2022 insgesamt 889 Wohnungen in Lübeck fertiggestellt worden sind. Im Vorjahr waren es 917 und im Jahr 2020 sind es 1.035 Wohnungen gewesen.

Eine rückläufige Wohnungsbautätigkeit bei wachsender Einwohnerzahl entfaltet zusätzlichen Druck auf den ohnehin äußerst angespannten Lübecker Wohnungsmarkt. Eine solche Entwicklung bereitet große Sorgen und lässt befürchten, dass die Mieten weiter steigen und sich die Wohnraumsuche noch schwieriger gestalten wird. Im Statistischen Jahrbuch der Hansestadt Lübeck 2019-2022 (veröffentlicht im März 2023) ist nachzulesen, dass die Einwohnerzahl im Jahr 2022 sprunghaft um 2.021 Personen auf 222.077 Einwohner gestiegen ist (S. 29). Unter Ansatz eines statistischen Umrechnungsfaktors von 1,78 Personen pro Haushalt und einer Fluktuationsreserve von drei Prozent ergibt sich ein Bedarf von 128.500 Wohnungen im Eigentums- und Mietsegment (222.077 : 1,78 + 3%). Tatsächlich gibt es in der Hansestadt einen Bestand von lediglich 120.537 Wohnungen (S. 170), so dass ein Versorgungskrater von 8.000 Wohnungen existiert. Welche negativen Folgen das für Mieterhaushalte mit sich bringt, ist in einem Artikel in der Aprilausgabe der MieterZeitung dargestellt. Bei Redaktionsschluss des MZ-Artikels war das neue Statistische Jahrbuch noch nicht veröffentlicht, so dass die Einwohnerzahl dort mit dem etwas geringeren Stand vom 30.6.2022 genannt ist.

Die Daten vom Statistikamt Nord zu den Baufertigstellungen berücksichtigen nicht, inwieweit es sich um Ersatzneubauten handelt, wie viele Wohnungen also zunächst abgerissen wurden, um an gleicher Stelle neue Wohnungen zu bauen. Diese Zahlen sind jedoch wichtig, um erkennen zu können, in welcher Größenordnung sich der Wohnungsbestand unter dem Strich tatsächlich verändert hat. Ebenso wichtig ist, ob die neu gebauten Wohnungen auch für Haushalte mit geringem Einkommen leistbar sind. Denn solche Informationen benötigen Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, um die notwendigen Bedarfe erkennen und die Weichen hoffentlich in die richtig Richtung stellen zu können. Eine realistische Einschätzung von Entwicklungen des Wohnungsbestandes ist nicht möglich, wenn lediglich - und oft schulterklopfend - die Neubauzahl genannt und verschwiegen wird, wie viele Wohnungen im gleichen Zeitraum durch Abriss, Umwidmung, Nutzungsuntersagung oder aus anderen Gründen (z.B. die 98 grundsätzlich nicht mehr vermietbaren Wohnungen in der Damaschkestraße)  vom Markt verschwunden sind.

In den Lübecker Wohnungsmarktberichten wird die “Anzahl abgegangener Wohneinheiten” ab dem Bericht für das Jahr 2019 berücksichtigt. Weshalb die bisher jährlich und regelmäßig im November veröffentlichten Wohnungsmarktberichte für die Jahre 2021 und 2022 nicht erschienen sind, ist allerdings rätselhaft und wirft die Frage auf nach der Bedeutung dieser Berichte für die Grundlagen, auf denen wohnungsbaupolitische Entscheidungen in Lübeck getroffen werden.

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