Lübeck, 3.
Juni 2023
Kritik an Wohnungspolitik
Thomas
Klempau, DMB Mieterverein Lübeck
Nach
einem Bericht auf LN-Online vom 3.6.2023 geht der Vorstandsvorsitzende
des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Marcel Sonntag,
in einem Beitrag für das aktuelle Magazin des VNW mit der
Bundesregierung schwer ins Gericht: „Diese Bundesregierung leistet sich
die schlechteste Wohnungspolitik aller Zeiten und ich dachte schon bei
der letzten Bundesregierung, es ginge nicht schlimmer."
Kritik
an der Wohnungspolitik auf Bundes- und Landesebene gibt es auch von den
Mieterorganisationen, allerdings nicht erst jetzt und auch aus einem
etwas anderen Betrachtungswinkel, wobei es durchaus Übereinstimmung mit
den Beanstandungen des VNW zu den übersteigerten und überhasteten
energetischen Anforderungen gibt. Eine Umsetzung des
Gebäudeenergiegesetzes nach aktuellem Stand würde eine finanzielle
Überforderung für den Großteil von Mieterhaushalten bewirken. Denn bei
einer per Gesetz dem Vermieter auferlegten Modernisierung ist die für
den Mieter bestehende Möglichkeit, einen finanziellen Härteeinwand gegen
die Modernisierungsmieterhöhung vorbringen zu können, ausgeschlossen.
Und auch eine Verpflichtung des Vermieters zur Inanspruchnahme von
Fördermitteln, die den finanziellen Modernisierungsaufwand und die
entsprechende Mieterhöhung reduzieren würden, gibt es nicht.
Mietpreisdämpfende Maßnahmen in Form einer dringend notwendigen
Erweiterung des Wohnungsbestandes und einer zumindest vorübergehenden
Deckelung von Angebots- und Bestandsmieten sind nicht in Aussicht. Ein
Konzept für die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit war von
Bundesbauministerin Klara Geywitz für Ende März 2023 angekündigt und
wurde bis heute nicht vorgelegt. Es ist nicht erkennbar und fraglich,
wie ernst es der Politik ist mit einer bedarfsgerechten
Wohnraumversorgung und wie es gelingen soll, dass sich die angespannten
und in vielen Universitätsstädten bereits heißgelaufenen Wohnungsmärkte
endlich wieder normalisieren und Menschen nicht mehr monatelang oft
vergeblich versuchen müssen, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Auf
Landesebene wurden schon Ende 2018 mit der Aufhebung von Mietpreis- und
Kappungsgrenzenverordnung sämtliche Mietpreis begrenzende Hürden in
Schleswig-Holstein beiseite geräumt und der Weg frei gemacht, um die
rasante Mietenentwicklung möglichst vollständig abschöpfen zu können.
Von der Bundesebene ist kein Signal zu vernehmen für die Einschränkung
von Indexmietvereinbarungen. Stattdessen wird mittlerweile in geschätzt
einem Drittel aller neu abgeschlossenen Mietverträge eine
Indexmietklausel eingebracht, die es ermöglicht, nach dem Maßstab der
Inflationsentwicklung alle zwölf Monate eine Mieterhöhung vornehmen zu
können. Und auch die Zuwanderung hinterlässt Spuren. Die Wohnungsmärkte
als Folge einer exzessiven Einwanderungspolitik weiter zu fluten ohne
Kompensation durch eine passende Bau-, Sozial- und Mietenpolitik ist
unverantwortlich gegenüber der Gesamtgesellschaft und gefährdet den
sozialen Frieden.
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