Lübeck,
7. Oktober 2019
Vermieterbefragung des Haus &
Grund
Thomas Klempau, DMB Mieterverein Lübeck
Laut
der vom Haus & Grund Deutschland veröffentlichten Vermieterbefragung 2019 sollen
für Lübeck auf Basis eines Rücklaufs von 222 Fragebögen, die 607 Wohnungen
betreffen, folgende Feststellungen getroffen worden sein:
die durchschnittliche
Nettokaltmiete sei gegenüber der Befragung 2018 lediglich um 19 Cent auf 7,21
Euro pro m² gestiegen,
in 22,1 % der erfassten
Mietverhältnisse habe es in den vergangenen 10 Jahren keine Mieterhöhung geben,
21,3 % der Befragten würden die Mietpreisbremse (die es in Lübeck
gar nicht gibt) als größtes Investitionshemmnis einstufen und
80,3 % gaben an, mit ihren Mietern gut auszukommen.
Nach unserer Einschätzung ist die Repräsentativität und
Belastbarkeit der Ergebnisse einer solchen hausinternen Umfrage, deren
Erhebungs- und Auswertungsgrundlagen verborgen bleiben und bei denen fraglich
sein dürfte, ob diese anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht,
anzuzweifeln. In Lübeck gibt es 80.000 Mietwohnungen, von denen 52.000 privat
vermietet sind. Bei 607 Rückläuferwohnungen ergibt sich ein Anteil von gerade
einmal knapp 1,2 %, der als äußerst gering einzustufen ist.
Mit Blick auf den Lübecker Mietwohnungsmarkt sind auf Basis der
Mietspiegelerstellungen aussagekräftige Zahlen vorhanden. Danach ist das
durchschnittliche Mietpreisniveau bei den Bestandsmieten im Zeitraum 2012
bis 2016 um 9,6 % und im Zeitraum 2016 bis 2018 um weitere 6,3 % und damit so
stark gestiegen, wie es seit Erstellung des ersten Lübecker Mietspiegels im Jahr
1993 nicht der Fall gewesen ist. Eine
Marktanalyse
des Immobilienportals "immowelt.de" aus September 2018 hat ergeben, dass in den
vorangegangenen fünf Jahren die durchschnittlichen Angebotsmieten in den
untersuchten 80 Städten Deutschlands mit jeweils über 100.000 Einwohnern enorm
gestiegen sind und Lübeck in dem Ranking mit den höchsten Mietsteigerungen nach
Berlin, Augsburg und München auf Platz vier steht mit deiner Steigerung der
durchschnittlichen Angebotsmieten um 30 % von 6,40 Euro auf 8,30 Euro.
Diese Zahlen passen zu den Beobachtungen in unseren Beratungen,
in denen sich Mieterhöhungen und (Eigenbedarfs-) Kündigungen in den vergangenen
Jahren zu Schwerpunktthemen entwickelt haben. Frei werdende Wohnungen werden zu
immer höheren Preisen vermietet. Der Druck auf den Wohnungsmarkt wird aus
Richtung der nachfragenden Haushalte immer größer, und zwar besonders im Segment
von Wohnungen mit Mieten auf Sozialwohnungsniveau, wo das Angebot viel zu gering
ist und aufgrund der unsäglichen Ersatzneubaustrategie gewerblicher
Wohnungsunternehmen stetig schrumpft. Gerade im niedrigen und mittleren
Mietpreissegment sind die größten Verwerfungen zu beobachten und ist häufig
festzustellen, dass Mieter weit davon entfernt sind, vom Vermieter als
Vertragspartner auf Augenhöhe behandelt zu werden. Dass Vermieter mit Mietern
zufrieden sind, die aufgrund fehlender Wohnraumalternativen ihre Mieterhöhung
akzeptieren oder die sich nicht wieder melden, nachdem ihnen auf ihre
Mangelanzeige geantwortet worden ist, dass sie gern ausziehen können, sofern es
ihnen in der Wohnung nicht mehr gefallen sollte, kann man auch einmal aus dieser
Perspektive beleuchten. Solche Reaktionen haben bedauerlicherweise zugenommen
und sind Ausdruck eines Wohnungsmarktes, der nicht mehr im Gleichgewicht ist und
Anbietern von Wohnraum im bestehenden Mietverhältnis und bei Neuvermietung
zahlreiche Druckmöglichkeiten eröffnet, um aus ihrer überlegenen Marktposition
heraus eigene Interessen durchsetzen zu können.
Es trifft ganz sicher zu, dass viele Mietverhältnisse mit
privaten Vermietern gut funktionieren, was sehr erfreulich und natürlich auch
wünschenswert ist. Wenn aber 2/3 aller Wohnraummietverhältnisse in privater Hand
sind, dann wird diese große Gruppe allerdings auch einen maßgeblichen Anteil zu
dem steilen Mietenanstieg in den vergangenen Jahren beigetragen haben, zumal
sich die Mieterhöhungsmöglichkeiten für gewerbliche und private Vermietung nicht
unterscheiden. Nicht selten ist in Mieterhöhungsschreiben privater Vermieter zu
lesen: "Aufgrund der gestiegenen ortsüblichen Miete bin ich gezwungen,
Ihre Miete anheben zu müssen." Derartige Formulierungen sind in Wirklichkeit
nichts anderes als eine Realisierung anlassloser Mieterhöhungsmöglichkeiten, die
sich aufgrund des stark angespannten Wohnungsmarktes eröffnen und nichts zu tun
haben mit gestiegenen Instandhaltungskosten oder damit, dass Vermieter angeblich
in ein finanzielles Risiko hineingehen, sofern sie Möglichkeiten für
Mieterhöhungen nicht konsequent ausschöpfen würden, wie es Haus & Grund gern
propagiert. Hervorzuheben ist auch noch einmal die unverantwortliche Aktion des
Berliner Haus & Grund Landesverbandes, der aus Anlass des dort geplanten
Mietendeckels zum Entsetzen von Politik und Mietrechtlern die Wohnungseigentümer
dazu aufrief, jetzt schnell noch die Mieten zu erhöhen. "Die womöglich letzte
Chance, die Miete zu erhöhen, endet am 17. Juni 2019", hieß es ganz oben auf der
Webseite. Darunter zählte ein Countdown die Sekunden, Minuten, Stunden und Tage
runter. Die Berliner Bausenatorin Katrin Lompscher nannte den Appell des Haus &
Grund ein verheerendes Signal und sagte: "Wer Mieterhöhungen gezielt einsetzt,
um die Politik auf Kosten von Mieterinnen und Mieter unter Druck zu setzen,
entlarvt sich selbst."
Solche Aktionen vergisst man nicht und sie verschwinden auch
nicht dadurch, indem eine fragwürdige verbandsinterne Studie mit einer
vermeintlich hohen Zufriedenheitsquote davorgehalten wird.
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