Lübeck, 7.
März 2025
Zweckentfremdungssatzung
Thomas
Klempau, DMB Mieterverein Lübeck

Die Hansestadt plant eine
Zweckentfremdungssatzung, um
bestehenden Dauerwohnraum zu erhalten und Umnutzungen (z.B. in eine
Ferienwohnung) unter einen Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Der Bedarf
für den Erlass einer solchen Satzung ist gegeben, da es in Lübeck an
ausreichendem Wohnraum fehlt und der Mangellage in angemessener Zeit
nicht abgeholfen werden kann.
In der
Begründung zur geplanten Satzung wird der
Wohnraummangel anhand verschiedener Faktoren dargelegt. Die Bevölkerung
wird mit 223.156 Personen und die Zahl der Haushalte mit 125.983
angegeben. Unter Berücksichtigung einer marktaktiven Fluktuationsreserve
von 3 Prozent, die gemäß der Satzungsbegründung für einen
funktionierenden Wohnungsmarkt in einer Großstadt erforderlich ist,
ergibt sich ein Wohnraumbedarf von 129.762 Einheiten.
Unverständlicherweise fehlt die Nennung und Gegenüberstellung mit dem
vorhandenen Wohnungsbestand, so dass nicht erkennbar wird, wie groß der
Fehlbestand bereits ist.
Nach Informationen des
Statistikamtes Nord vom 26.2.2025 gibt es in Lübeck 121.912 Wohnungen.
Bei einem Bedarf von 129.762 Einheiten klafft derzeit also ein
Wohnraumkrater von fast 8.000 fehlenden Wohnungen. Es fragt sich,
weshalb die Stadt in Berichten, Pressemeldungen oder wie hier in der
Begründung zum Satzungserlass stets vermeidet, eine direkte
Gegenüberstellung von Wohnungsbedarf und Wohnungsbestand vorzunehmen. Am
Ende der Satzungsbegründung wird lediglich die “erhebliche Lücke
zwischen Wohnungsbedarf und Bestand” erwähnt. Dabei interessiert doch
als erstes: Wie viele Wohnungen inkl.
Fluktuationsreserve werden benötigt und wie viele sind vorhanden, um
anschließend zu überlegen, wie und bis wann der Fehlbedarf gedeckt
werden kann und was in der Zwischenzeit zu unternehmen ist, um die für
viele Haushalte dramatischen Folgen einer Wohnungsnotlage abzumildern,
ohne dabei im besten Fall die notwendige Wohnraumschaffung abzuwürgen.
Ob die geplante Satzung zu
einer spürbaren Verbesserung des Wohnraummangels beitragen kann, bleibt
abzuwarten. In Anbetracht des erheblichen Wohnungsfehlbestandes darf man
keine großen Erwartungen haben, wobei es immerhin um eine kleine
Weichenstellung in die richtige Richtung geht. Daher ist die
beabsichtigte Maßnahme grundsätzlich zu begrüßen und die Bemühung der
Stadt anzuerkennen.
Allerdings liegt der
Teufel im Detail und bei einem genaueren Blick auf den Satzungsentwurf
fallen zahlreiche Ausnahmetatbestände und Gestaltungsspielräume auf, die
es gibt, um nicht unter den Regelungsbereich der Satzung zu fallen.
So kann beispielsweise die
Vermietung einer Zweitwohnung für die “Kurzzeitvermietung” (Stichwort
Ferienwohnung) auch für einen längeren Zeitraum als 12 Wochen pro Jahr
zulässig sein, sofern weniger als 50 Prozent der vorhandenen Wohnfläche
vermietet werden und die restliche Wohnfläche die Führung eines
selbständigen Haushalts zulässt.
Des Weiteren enthält das
Wohnraumschutzgesetz keine Pflicht zur Anzeige eines Leerstands, so dass
sich die Stadtverwaltung selbst auf den Weg machen müsste, um einen
Leerstand zu identifizieren. Hier stellt sich die Frage, wie die
Ermittlung von Leerständen im Lübecker Stadtgebiet organisiert und
personell ausgestaltet werden soll.
Auch die
Ersatzwohnraumregelung in § 6 der Satzung würde nur dann einen echten
Ersatz darstellen, wenn der Ersatzwohnraum zu den gleichen Mietpreisen
wie vorher vermietet werden muss, was nicht vorgesehen ist. Damit geht
die Regelung zulasten der Mieter und es dürfte sich die schon in der
Vergangenheit beim Wohnungsbau häufig zu beobachtende Vorgehensweise
ungebremst fortsetzen, dass in die Jahre gekommene aber noch durchaus
akzeptabel funktionierende Bestandswohnungen mit meist niedrigen Mieten
abgerissen werden und am selben Standort Ersatzneubau mit deutlich
höheren Mieten entsteht. Ein Zuwachs beim Wohnungsbestand geht damit
regelmäßig nicht einher. Stattdessen beschleunigt diese Praxis den
Rückgang im Niedrigmietensektor und steigert die Probleme für Haushalte
mit finanziell eingeschränkten Möglichkeiten, sich mit leistbarem
Wohnraum versorgen zu können.
Positiv ist hingegen, dass
ein Zweckentfremdungsverbot beispielsweise bei der Umnutzung einer
Dauerwohnung in eine Ferienwohnung dem materiellen Baurecht vorgeht und
sich bei der Entscheidung über eine beantragte Zweckentfremdung
grundsätzlich durchsetzt. Es besteht jedenfalls kein Anspruch auf eine
Umnutzungsgenehmigung allein aufgrund des Bauplanungsrechts. Damit
eröffnet sich der Stadt ein Gestaltungsspielraum in wohnungspolitischen
Fragen, den sie mit dem Recht des Verbots der Zweckentfremdung von
Wohnraum eigenverantwortlich ausschöpfen kann.
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