Lübeck,
25.11.2022
Indexmiete
Thomas Klempau, DMB Mieterverein Lübeck

Eine Indexmietregelung in einem Wohnraummietvertrag brachte bisher relativ
ausgewogene Vor- und Nachteile für beide Mietvertragsparteien mit sich.
Es ist eine von zwei Möglichkeiten, um schon bei Abschluss des
Mietvertrages künftige Änderungen der Miethöhe zu vereinbaren. Bei Steigerungen des Verbraucherpreisindex (Gesamtindex)
von 0 bis 3 Punkten pro Jahr (von z.B. 2007 bis Ende 2020 war das in
etwa so) ergab sich für den Mieter eine transparente, planbare und
grundsätzlich leistbare Mietbelastung, so dass Indexmietregelungen in
Mietverträgen regelmäßig kein Problem aufwarfen und in den Beratungen
eine untergeordnete Rolle spielten. Im Verlauf des Jahres 2021 hat sich
das Blatt allerdings gewendet. Die Zahl der Beratungen, bei denen eine
Indexmieterhöhung eine Rolle spielt, ist von geschätzt 2 Prozent auf 4
Prozent gestiegen, was in etwa dem Anteil von Indexmietregelungen in
Wohnraummietverträgen in Lübeck entsprechen dürfte, wobei in neu
abgeschlossenen Verträgen zunehmend eine Indexmietregelung vorzufinden
ist.
Eine jährliche Begrenzung
von Steigerungsraten einer Indexmiete ist in Anbetracht der erheblich
gestiegenen Inflationsrate dringend notwendig, um Mieterhaushalte
finanziell nicht zu überfordern. Der Vorschlag aus Hamburg (Beschluss
des Senats vom 22.11.2022) mit einer
Begrenzung von 3,5% pro Jahr ist ein erster Ansatz, greift aber zu kurz.
Hinzu kommen muss unbedingt eine Eingliederung der Indexmietregelung in
das System der ortsüblichen Vergleichsmiete durch eine Deckelung bei der
Gesamtmiethöhe, damit Mietanpassungen auch an dieser Stelle von der
Inflation entkoppelt werden und neben einer finanziellen Überforderung
von Mieterhaushalten nicht auch noch zu einem rasanten Anstieg der
ortsüblichen Miete im Zuge der Erstellung von Mietspiegeln beitragen.
Gerade jetzt zeigt sich, dass ein an die Inflation gekoppeltes
Vertragskonstrukt wie die Indexmiete in der bisherigen gesetzlichen
Ausgestaltung nicht geeignet ist, Wohnraummietverhältnisse vor
wirtschaftlichen Krisenlagen abzusichern. Es ist wichtig, Wohnungen als
existenzielle Grundversorgung vor unverhältnismäßigen Teuerungsraten zu
schützen. Diesen Standpunkt hatte bereits die Bundestagsfraktion der
Partei Die Linke
mit Antrag vom 7.7.2022 (BT
Drucksache 20/2687) aufgegriffen, der deutlich weiter geht, als der
Beschluss des Hamburger Senats.
Von der Landesregierung
S-H ist keine solche Initiative zu erwarten. Im Unterschied zu Hamburg
nutzt unsere Landesregierung rechtliche Möglichkeiten zum Mieterschutz
nicht aus. Davon war in der letzten Legislaturperiode nichts zu spüren
und wird auch in der laufenden Periode nichts zu spüren sein. Ganz im
Gegenteil wurden Regelungen zur Mietpreisbegrenzung in S-H abgeschafft
und damit der Weg frei gemacht für einen rasanten Anstieg bei den
Angebots- und Bestandsmieten, was die Mietbelastungsquote betroffener
Haushalte deutlich erhöht. Es gibt in S-H keine Mietpreisverordnung (bei
Neuvermietung Mietpreis max. 10% über ortsüblich erlaubt), keine
Kappungsgrenzenverordnung (bei Bestandswohnungen Mieterhöhung max. 15% –
statt 20% – innerhalb von drei Jahren aber nicht mehr als die
ortsübliche Miete), keine landesweite Genehmigungspflicht zur Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen ab fünf Wohneinheiten pro Gebäude, kein
Wohnraumschutzgesetz, keine sozialen Erhaltungsverordnungen und selbst
die Volksinitiative für die Aufnahme des Rechts auf angemessenen
Wohnraum in die Landesverfassung wurde im September 2019 vom
Landesparlament abgelehnt.
Effektiver Mieterschutz spielt für die schleswig-holsteinische
Landesregierung keine Rolle und findet dort keine Unterstützer oder mit
den Worten des DMB Landesvorsitzenden, Jochen Kiersch, ausgedrückt:
"Die Ignoranz der Landesregierung gegenüber den Sorgen und Nöten der
Mieter ist erschütternd."
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